Chimäre

Im fächerübergreifenden Unterricht zum Thema „Europa“ stoßen die Kinder auf griechische Göttersagen, die sie faszinieren. Beim Lesen stolpern einige über das für sie unbekannte Wort „Chimäre“. Dieser Begriff wird zum Anlass, nachzuschlagen, Informationen einzuholen, Bilder zu betrachten, zu zeichnen und szenisch darzustellen. Die Körperbilder werden für die Klasse inszeniert.

ANLASS: STOLPERN ÜBER EIN UNBEKANNTES WORT
Fasziniert begegnen die Kinder der vierten Klasse den griechischen Göttersagen im Unterricht. Sie hören Hörspiele, lesen, betrachten Illustrationen und stellen sich gegenseitig verschiedene Sagen vor. Dabei stutzt Thomas beim Begriff „Chimäre“. Er war beim Lesen ins Stocken geraten und nun mutmaßen alle, was mit dem Begriff wohl gemeint sein könne. Beim Überlegen, woher eine Erklärung einzuholen wäre, finden sich verschiedene Gruppen zusammen. Einige schauen im Duden nach, auch Lexika sowie das Internet werden durchsucht. Die gefundenen Erklärungen werden den anderen Gruppen präsentiert. Schnell sind die Kinder im Gespräch über das mutmaßliche Aussehen einer Chimäre.

EXPERIMENTIEREN, PROBLEM LÖSEN, GESTALTEN
Die Neugier auf das Aussehen von Mischwesen war nun geweckt. Einige Kinder kannten bereits weitere Mischwesen und können sie benennen. Bilder vom Basilisken, dem Greif, dem Zentaur, dem Minotaurus, der Sphinx werden gemeinsam betrachtet, deren Körperteile beschrieben und über die kombinatorischen Möglichkeiten in Kampfsituationen nachgedacht. Die Idee entsteht, eigene Mischwesen zu erfinden und zu zeichnen.

Anschließend stellt sich die Frage, ob Mischwesen auch erzeugt werden können ganz ohne Hilfsmittel, also nur mit dem eigenen Körper? In Gruppenarbeit von drei bis fünf Schülerinnen und Schülern werden zunächst pantomimische Ausdrucksformen erprobt. Zunächst ahmen die Kinder einzelne Körperteile von Tieren nach und erproben gestische Ausdrucksformen für diese, ohne weitere Hilfsmittel hinzuzuziehen. Mit dem eigenen Körper agieren die Kinder, beobachten sich gegenseitig und reflektieren das Gesehene Dabei wird das Körperbewusstsein geschärft. Im nächsten Schritt wird experimentiert, wie mehrere gelungen Darstellungen zu einem neuen Fabelwesen zusammengesetzt werden können.

Nicht immer verläuft das Vorhaben ohne Probleme. Manche Gruppe muss sich von einer Vorstellung lösen und einen ganz anderen Weg beschreiten. Verschiedene Kriterien bilden schließlich die Grundlage für das Inszenieren eines Gruppen-Mischwesens: Unkompliziertes Darstellen, typische Eigenschaften des jeweiligen Tieres, leichtes Entschlüsseln durch den Betrachter. Die Kinder erproben, vergleichen, verwerfen, gestalten um, bevor sie sich auf eine Ausdrucksform für ihr Fabelwesen festlegen. Für dieses Wesen werden passende Namen erfunden.

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Mit Hilfe der Lehrkraft wird die Inszenierung unkompliziert vorbereitet. Den Hintergrund bildet ein großes schwarzes Tuch, vor dem die jeweilige Gruppe nach einer Übungsphase ihre Präsentation des neuen Mischwesens zeigt. Dabei werden die einzelnen Tierkörperteile von den Mitschülerinnen und Mitschülern erraten. Anschließend verkündet die Gruppe den Namen ihrer Chimäre. Selbstverständlich wird die Inszenierung mit Applaus bedacht.

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KUNST: BEGEGNEN, AUSLEGEN, VERSTEHEN
Nun wird der Klasse eine Abbildung der etruskischen Bronzeplastik „Chimäre von Arezzo“ Stück für Stück, vom Detail zum Kontext, gezeigt. Dafür eignet sich die Abbildung auf Folie gut, da das Ab- bzw. Aufdecken verschiedener Bilddetails unkompliziert erfolgen kann. Vom Kopf über den Körper bis zum Hinterteil wird die Chimäre enthüllt. Zu jedem weiteren aufgedeckten Körperteil assoziieren und fantasieren die Kinder. Nachdem sie den Impuls erhalten haben, dass diese Chimäre Mensch und Tier bedrohe, entstehen Mutmaßungen über  Zusammenhänge mit dem Körperbau. Diese Hypothesen werden schriftlich in Einzelarbeit festgehalten und anschließend der Klasse vorgestellt und diskutiert.

ZUSAMMENFASSEND
Tiere gehören zur Erfahrungswelt der Kinder. Sie wecken deren Interesse. Ausgehende von einem für mehrere Kinder unbekannten Wort werden Mischwesen fokussiert. Mit ihrer ungewöhnlichen Gesamtansicht regen diese die Neugier besonders an und regen zum Fantasieren an. Da Mischwesen der griechischen Mythologie den meisten Kindern bereits aus Filmen, Comics oder Büchern bekannt sind, können sie auf eigene Erfahrungen zurückgreifen und somit neue Wahrnehmungen mit Erinnertem abgleichen und differenzieren.

Durch das Betrachten der weiteren Chimären wird – neben den bekannten Bildern aus der Erfahrungswelt der Kinder –  ein bildhaftes Repertoire an Kombinationsmöglichkeiten aufgebaut, auf das beim grafischen Gestalten und später auch beim Spiel zurückgegriffen werden kann. Innere Vorstellungen bilden die Grundlage beim Erfinden neuer Mischwesen.

Mit dem Erwachsen der Sequenz aus einer nicht erwarteten Aufmerksamkeit für einen bis dato unbekannten Begriff folgt die Einheit dem Konzept der improvisierten Choreografie.

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