Die Gestaltung und Begleitung von Lernsituationen kann unbestritten als ein zentrales Aufgaben- und Betätigungsfeld in der pädagogischen Praxis gesehen werden. Lehrerinnen und Lehrer versuchen anhand unterschiedlicher Beobachtungs- und Reflexionsformate die Fragen, Interessen und Schwierigkeiten von Kindern zu erkennen, um daraus Angebote oder Aufgabenstellungen zu entwickeln bzw. zu inszenieren sowie Kinder angemessen auf ihren Lernwegen zu begleiten.
Es gilt, Kinder zu ermutigen, ihre eigenen Themen und Fragestellungen im Sinne „authentischer Herausforderungen“ zu finden, sich ihnen zu stellen und sie allein oder gemeinsam mit anderen zu verfolgen. Die intrinsische Motivation spielt dabei eine zentrale Rolle. Wünschenswert ist sowohl für den Elementarbereich als auch für die Schule, dass Kinder individuelle Lernwege beschreiten können, auch wenn damit verbunden ist, dass sich Zeitfenster nicht konkret vorherbestimmen lassen. Diese Form von Lern- und Bildungsprozessen, die sich in der frühen Bildung oft in gestalteten „Spielphantasien“ äußern, weisen Ideenwanderungen und Ideenkreuzungen auf und vollziehen sich dabei häufig in konzentrierten und lang anhaltenden Arbeitsphasen. Dennoch stehen diese Lernprozesse immer in einem sozialen und kulturellen Zusammenhang, in den auch die Lehrerin oder der Lehrer unmittelbar einbezogen ist. Kinder reagieren in ihren individuellen Prozessen auf Anregungen von anderen Kindern oder der Lehrerin oder gewinnen neue Impulse aus Büchern oder Anschauungsmaterialien, die im Klassenraum verfügbar sind.
Vor dem Hintergrund eines stärker individualisierten Verständnisses von Lernen sind Lehrerinnen und Lehrer besonders gefordert. Denn: Kinder bei ihren „inszenierten improvisierten Choreografien“ zu begleiten, bedeutet, ganz nah an ihren Fragestellungen, Interessen und Themen zu verweilen und nicht vorschnell mit Vorschlägen oder Anregungen einzugreifen. Dies bedarf eines achtsamen und situativen Agierens, das sich in einem Wechselspiel zwischen Anleitung und Selbstbildung zentral an den „authentischen Herausforderungen“ der Kinder orientiert. In diesem Verständnis einer Möglichkeitspädagogik, gilt es individuelle Interessen von Kindern wahrzunehmen und – davon ausgehend – weiterführende, auch die individuellen Interessen überschreitenden Denk-, und Handlungsräume zu eröffnen. Konkret heißt das: Alternativen aufzeigen, geeignetes Material reichen, nachfragen, sich eine Idee erklären lassen, zuhören, verweilen, sich zurück ziehen, Anschauungsmaterial für ein bestimmtes Thema verfügbar machen, eine Technik zeigen u.a. So offen und ungeregelt ein Lernraum sein kann und so vielfältig das Repertoire von Lehrerinnen und Lehrern sein sollte – von lehrerdominierten Situationen bis hin zu Situationen, in denen die Prozesse der Kinder nur beobachtet werden – die Verantwortung für die Bildungsprozesse jedes Kindes bleibt in jedem Moment bei der Lehrperson. Die Lehrerin/der Lehrer erkennt die Lernzuwächse und kann sie in ontogenetische und curriculare Zusammenhänge einordnen, um entsprechende Impulse und Anregungen für weiterführende Lernsituationen zu setzen. Er oder sie erkennt aber auch, wo Kinder Unterstützung und Förderung benötigen, z.B. wenn es Kindern nicht leicht fällt, eigene Fragen und Themen zu entwickeln. Insofern besteht die Herausforderung der Lernbegleitung darin, vor dem Hintergrund der Verantwortung für die Bildungsprozesse jedes einzelnen Kindes, ein vielfältiges und sensibles Repertoire an Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln, das Kindern dabei hilft, sich selbst auf den Weg zu machen.